Da zwei interessante YWCA-Frauen Anfang März Stuttgart besuchten, lud der German YWCA in den Internationalen Club des vij zu einem Frühstück in kleiner Runde ein. Unsere Gäste waren Masami Kato, die Leiterin der Abteilung Katastrophenhilfe im YWCA Japan, sowie Mrs. Sheila Brain, die offizielle englische Übersetzerin für den Anfang Juni in Stuttgart stattfindenden Kirchentag. Frau Lore Raudonat vom Referat Weltgebetstag/Ökumene der Evang. Frauen in Württemberg verstärkte unser ökumenisches Treffen.
Frau Kato berichtete, dass fast genau vier Jahre nach dem schweren Erdbeben und der Katastrophe von Fukushima der Zustand der Betroffenen beklagenswert sei. Die Gegend um das havarierte Atomkraftwerk ist stark verstrahlt, Kühl- und eindringendes Grundwasser ist stark kontaminiert.
120 000 Zwangsevakuierte warten auf die Rückkehr in ihre Dörfer, deren Dekontaminierung aber nur langsam fortschreitet. Trotzdem wohnen in der Präfektur Fukushima noch Menschen. Das Leben dort ist schwierig, die Kinder dürfen nicht im Freien spielen, auch Gemüseanbau ist nicht möglich. Viele Kinder sind krank, aber das wirkliche Ausmaß sei erst nach 10 Jahren erkennbar, warnen Ärzte.
Trotzdem hat die Regierung nach drei Jahren die meisten Hilfsprogramme eingestellt, Fukushima sei kein Problem mehr, wird von offizieller Seite behauptet. Der Staat will bald wieder einen Teil der verbliebenen 48 Reaktoren ans Netz bringen, zwei Anlagen schon in den nächsten Monaten. Dies in einem Erdbebenland wie Japan. Auf unsere Nachfrage, warum die japanischen Frauen nicht gegen die Entscheidung der Regierung protestierten, wurde uns gesagt, dass die japanischen Frauen traditionell sehr zurückhaltend und unterwürfig seien und deshalb keine größeren Gegenaktionen organisieren könnten.
Der YWCA Japan (2000 Mitglieder, 26 Ortsverbände) möchte die Not der Menschen in den betroffenen Gebieten lindern. Er veranstaltet für die Menschen aus den verstrahlten Gebieten ein „Refresh-Programm“. Es gibt Eltern-Kind-Programme für Familien, in denen Familien, ältere Personen oder alleinstehende Frauen einen kostenlosen Erholungsaufenthalt in Gegenden weit weg von den verstrahlten Gebieten verbringen können. Es handelt sich um eigene, angemietete oder zur Verfügung gestellte Häuser, in Zusammenarbeit mit vielen Freiwilligen. Auch Sommercamps für Schüler werden durchgeführt. 2014 wurden mehr als 200 Jugendlichen und Erwachsenen durch diese Programme, durch den Aufenthalt in der freien Natur, gutes Essen und Freizeitmöglichkeiten körperlich und seelisch gestärkt. Die Berichte der dankbaren Mütter über die Aufenthalte und den Austausch mit anderen Eltern , die sich in der gleichen Lage befinden, sind sehr bewegend.
Das Thema „Japan vier Jahre nach Fukushima“ wird auch beim YWCA Weltkongreß in Bangkog im Oktober 2015 zu Diskussionen führen, vor allem soll auf die japanische Regierung Einfluß genommen werden, ihr AKW-Programm zu überdenken. Abschließend informierte Mrs. Sheila Brain, eine frühere Präsidentin des britischen YWCA, über ihre Arbeit für die englisch-sprachigen Besucher des Kirchentags. Im Moment stellt sie eine Übersicht über die Veranstaltungen, die ins Englische übersetzt werden, zusammen. Es werden ca. zweihundert Teilnehmer aus Großbritannien für den Kirchentag erwartet, die zu den ca. 5000 Gästen aus aller Welt gehören.